Stiftskirche St. Gallen (DE)

Die Stiftskirche und Kathedrale St. Gallen (eigentlich Stiftskirche St. Gallus und Otmar) ist ein römisch-katholischer Kirchenbau in der Stadt St. Gallen in der Schweiz und seit 1847 Kathedrale des Bistums St. Gallen und Pfarrkirche der Dompfarrei. Zuvor war sie die Stiftskirche des 1805 aufgehobenen Benediktiner-Klosters St. Gallen. Der zwischen 1755 und 1766 errichtete barocke Neubau wurde zusammen mit dem Stiftsbezirk 1983 als UNESCO-Welterbe in die Liste der schützenswerten Weltkulturgüter aufgenommen.

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Die Ostfassade der Stiftskirche mit den charakteristischen Doppeltürmen

Geschichte

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Innenansicht mit Kanzel, Altar- und Chorraum

Die Initiative zum Neubau der Stiftskirche geht ins 18. Jahrhundert zurück, als die alte Kirche des Klosters St. Gallen, die im Kern aus dem 9. Jahrhundert stammte, immer baufälliger wurde. Basierend auf den Plänen von Gabriel Loser und Johann Caspar Bagnato führte Peter Thumb zwischen 1755 und 1757 das Langhaus und die Rotunde aus. Der Abriss der alten Gebäude begann am 2. Mai 1755, die Grundsteinlegung für den Neubau fand am 29. August 1756 unter Abt Coelestin Gugger von Staudach im bereits teilweise fertigen Rohbau statt.

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Deckenfresko von Joseph Wannenmacher in der Rotunde über dem Altarbereich

Die Innen- und Aussendekoration wurde von Johann Christian Wentzinger für 52.000 Gulden als Gesamtwerk ausgeführt, wobei er die meisten Arbeiten nicht persönlich ausführte, sondern sie nur entwarf, plante und konzipierte. Die Arbeiten am Kirchenschiff waren im Sommer 1760 im Wesentlichen abgeschlossen; am 15. November 1760 fand die Einsegnung statt.

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Der neu gebaute Stiftsbezirk auf einer Darstellung von 1769

Der Neubau des Chors der Kirche wurde erst 1760 beschlossen. Bis dahin diente der alte gotische Chor als Notkirche. Die Bauleitung ging dafür von Peter Thumb auf Johann Michael Beer von Bildstein über. Weitere Nebengebäude und die Türme wie auch die Innenausstattung wurden in den folgenden Jahren ausgeführt. Die Türme wurden 1766 als letzte Teile des Bauwerks vollendet, im Inneren dauerten kleinere Arbeiten noch bis 1772.

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Altarbereich (2013) unter der Rotunde; mit Kathedra des Bischofs, Zelebrationsaltar und Ambo

Die kühne Kuppelkonstruktion im Langhaus war bautechnisch schlecht ausgeführt worden, so dass bereits 1773 erste Renovationsarbeiten nötig wurden. Die Probleme der Statik konnten mit dem nachträglichen Einbau eines Gerüsts behoben werden.

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Chorgestühl der Mönche des ehemaligen Benediktinerklosters im Chorraum der Kirche

1805 wurde die Benediktiner-Abtei St. Gallen aufgehoben. Zwischen 1823 und 1847 war die ehemalige Stiftskirche Kathedrale des Doppelbistums Chur-St. Gallen und seit 1847 des eigenständigen Bistums St. Gallen sowie Pfarrkirche der Dompfarrei. Sie ist Eigentum des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen.

Bau und Ausstattung

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Grundriss (mit dem inneren Klosterhof)

Die Stiftskirche gilt als eine der letzten monumentalen Sakralbauten des Spätbarocks. Harmonisch gliedern sich der Rotunde nach Westen und Osten in symmetrischer Anlage Schiff und Chor an. Die malerische und plastische Ausstattung zwischen Rokoko und Klassizismus ist das Werk süddeutscher Meister. Die Stuckaturen stammen von den Gebrüdern Johann und Mathias Gigl, die Stuckreliefs von Johann Christian Wentzinger.

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Himmelfahrt der Maria – Hochaltarbild des italienischen Malers Giovanni Francesco Romanelli

Die Deckengemälde sind das Werk Joseph Wannenmachers. Jene in der Flachkuppel der Rotunde zeigen die Ankunft Gottes in Gegenwart der Seligen, während in den Schiffskuppeln Gallus, Otmar, Magnus und Wiborada, die großen Gestalten der Geschichte des Klosters, dargestellt sind. Das Doppel-Chorgestühl mit Reliefs aus dem Leben des heiligen Benedikt sowie die acht Beichtstühle im Schiff gehen auf Joseph Anton Feuchtmayer zurück.

Die geschnitzten Bankdocken im Schiff sowie die vier Altäre in der Rotunde und ihre Figuren schuf Fidel Sporer. Die Kanzel fertigte Josef Anton Dirr 1786 nach einem Entwurf Feuchtmayers an. Josef Simon Moosbrugger baute 1808–1810 den Hochaltar und die Orgelempore in klassizistischen Formen.

Die Ostfassade mit ihren zwei 68 m hohen Türmen ist auf die Pfalzgebäude ausgerichtet. Das Giebelrelief zeigt Mariä Himmelfahrt, unterhalb sind die Statuen der Heiligen Desiderius und Mauritius zu sehen.

Die Ostkrypta geht im Kern bis ins 9. Jahrhundert zurück. Hier befindet sich der Überlieferung zufolge das Grab des Heiligen Gallus. Ein Stück seines Schädels wird noch hier in einem Reliquiar gezeigt. In dieser Krypta finden sich zudem die Gräber der drei letzten Fürstäbte des Klosters: Coelestin Gugger von Staudach, Beda Angehrn und Pankraz Vorster. In der Westkrypta befinden sich die Gruft des Heiligen Otmar und der Bischöfe von St. Gallen, die auch heute noch dort beigesetzt werden.

Nach der Aufhebung des Klosters St. Gallen 1805 wurden kleinere Änderungen im Inneren der Kirche vorgenommen. Der Thron des Abtes wurde etwas versetzt und der Hochaltar zum Gemeindealtar umfunktioniert. Bauschäden machten weitere Renovationen notwendig, in deren Zuge Antonio Moretto bis 1824 mehrere Deckengemälde neu ausführte. Weitere umfassende Renovationen wurden 1841 bis 1845 (Ostfassade), 1866/1867 (umfassende Innenrenovation) und 1928 bis 1938 (umfassende Aussenrenovation) durchgeführt. Die letzte umfassende Renovation wurde von 2000 bis 2003 vorgenommen.

Ein neuer Zelebrationsaltar mit Ambo wurde nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in etwa der Mitte der Kirche, vor dem durch ein Gitter getrennten Chorraum errichtet. Dieser sollte nur ein Provisorium sein, aber erst 2013 wurden Ambo, bischöfliche Kathedra und Sedilien und der Altar neugestaltet und geweiht.

Die Fassade ist, bis auf die Ostseite mit den Türmen, schlicht gehalten. Einzig die vier Statuen, die den Haupteingang bei der Rotunde auf der Nordseite prägen, stechen hervor.

Orgeln

Die Stiftskirche verfügt über drei Orgeln: die grosse Domorgel auf der Westempore sowie die Epistel- und die Evangelienorgel im Chor.

Die Geschichte der Orgeln reicht weit ins Mittelalter zurück. In der Zeit seit dem barocken Umbau der Kirche begnügte man sich lange mit den beiden Chororgeln, die 1768 und 1770 von Viktor Ferdinand Bossard (1699–1772) gebaut worden waren. Erst 1808–1810 erhielt die Kirche eine grosse Westempore für eine neue, große Hauptorgel, die 1811–1815 von Franz und Josef Frosch (München) erbaut wurde. Dieses Instrument hatte 60 Register auf vier Manualen und Pedal. Das Orgelgehäuse wurde 1811 von dem Stuckateur und Bildhauer Josef Simon Mosbrugger (Schoppernau, Bregenzer Wald) erbaut. Die «Frosch»-Orgel wurde von 1872 bis 1875 von Johann Nepomuk Kuhn völlig umgebaut, wobei ein Manual wegfiel. Sie hatte 55 Register, von denen 14 ganz oder teilweise neu gefertigt wurden. Das Gehäuse blieb unverändert.

Hauptorgel

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Hauptorgel

Im Zuge der Gesamtrestaurierung der Kirche (1961 bis 1967) wurde die heutige Hauptorgel konzipiert und 1968 durch Orgelbau Kuhn (Männedorf) gebaut. Von der alten Orgel Franz Joseph Froschs aus dem Jahr 1815 wurden die beiden seitlichen Pedaltürme übernommen. Im Übrigen wurde der Aufbau völlig neu entworfen. Das Instrument hat Schleifladen und mechanische Trakturen.

Chororgeln

Die beiden Chororgeln wurden 1768 und 1770 von Viktor Ferdinand Bossard (1699–1772) erbaut. Sie sind spiegelbildlich zueinander angeordnet und befinden sich im Chorraum, jeweils seitlich über dem Chorgestühl. Die Spieltische sind links und rechts in das Chorgestühl eingebaut. Die Orgeln wurden 1966–1967 durch Mathis Orgelbau restauriert.

Geläut

Die Stiftskirche verfügt über ein barockes Geläut. Die neun Glocken in den beiden Türmen stammen von unterschiedlichen Giessern, die grösstenteils im Bodenseeraum tätig waren. Die beiden grossen Glocken im rechten Turm der Ostfassade sind bedeutende Zeugnisse der Zuger Glockengiesser Keiser. Aufgrund dieser Glocken ist das Geläut das tontiefste der Schweiz. Die Dreifaltigkeitsglocke übertrifft auch die Berner Münsterglocke an Tontiefe. In den beiden Turmlaternen sind zwei weitere Glocken untergebracht. Musiktheoretisch gesehen entspricht das Gesamtgeläut keiner erkennbaren harmonischen oder melodischen Struktur.

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